21.08.2014 - Vom Skandal zum Buch - Teil 2
Im Februar 2005, also zur Zeit des Organspende-Skandals, kannte ich einen jungen Mann, der seit mehreren Jahren mit einer transplantierten Niere lebte. Ihn auf die Zeitungsmeldungen anzusprechen, lag nahe, aber ich habe mich nicht getraut. Immer, wenn wir uns sahen, musste ich an die Tollwut und die furchtbaren Folgen für die Patienten denken. Mit der Zeit ließ das wieder nach. Man kann nicht ständig in Angst leben. Glücklicherweise geschieht es höchst selten, dass sich jemand mit dem Tollwut-Virus infiziert und dessen Organe anderen Menschen eingepflanzt werden. Damit dies überhaupt passieren kann, müsste sich jemand die Krankheit durch einen Tierbiss holen und vor dem Ausbruch der Symptome bei ihm der Hirntod, beispielsweise nach einem schweren Unfall, eintreten. Wenn dann im Organspenderausweise steht, dass er bereit ist, Niere, Leber und anderes abzugeben, sind alle Voraussetzungen für die Übertragung der Seuche erfüllt.„Aber was hat das denn mit Ihrem Buch zu tun?“, wollen Sie nun wissen? Eine ganze Menge. Was genau, erfahren Sie natürlich beim Lesen der Geschichte von Familie Runge. ;-) Ich habe jedenfalls nicht im Traum daran gedacht, ein Buch zu schreiben. Und dann auch noch über solch ein schreckliches Thema?
Doch die Sache ließ mich nicht los. Es kam immer wieder vor, dass ich an diesen Vorfall erinnert wurde, zum Beispiel durch Filme, in denen es – wenn auch in ganz anderen Zusammenhängen - um die Tollwut ging oder durch die Begegnung mit anderen organtransplantierten Personen, die heute zu meinen Freunden zählen.
„Viele Leute sehen im Schreiben eine gute Möglichkeit, sich mit Dingen, die sie sehr beschäftigen, auseinanderzusetzen, also könnte auch ich es mal versuchen“, dachte ich mir. Aber was sollte ich über einen Organspende-Skandal schreiben? Er lag schon Jahre zurück und ich kannte niemanden von denen, die damit zu tun hatten. Ich wusste zunächst nur, dass es eine fiktive Geschichte sein sollte, am besten eine unterhaltsame, spannende, ein Krimi vielleicht?
Mir wollte einfach keine geeignete Handlung einfallen. Es hat dann noch ein paar Jahre gedauert, bis ich endlich so weit war, loszulegen. Außerdem erschien mir die Vorstellung, ein ganzes Buch zu verfassen, recht anmaßend zu sein. Krimis oder Romane werden doch nur von Leuten geschrieben, die etwas davon verstehen! Also was tun? Aufgeben und die Sache ad acta legen?
Nein, das entspricht nicht meinem Naturell. Das bin ich nicht!
Ich vertraute mich zwei lieben Menschen an und schilderte ihnen meine Bedenken. Den Inhalt der Story ließ ich weg. Darüber war ich mir selber ja noch immer im unklaren. Die beiden fanden, es sei eine gute Idee, zu schreiben. Ich solle erst mal beginnen. Dann würde man ja sehen, was dabei herauskäme. Das tat gut. Fehlte nur noch die Story.
Eines Tages, ich saß auf meiner Terrasse und schaute verträumt zum Himmel hinauf, geschah es: Plötzlich war sie da, die Idee für einen Krimi. Ich wusste genau, wie und wo er beginnen sollte, wer die Hauptpersonen wären und wie ich alle Aspekte, die mit dem Organspende-Skandal von damals zusammenhingen, berücksichtigen könnte. Er bot ja die Vorlage für „Tödliches Geschenk“. Selbst der Buchtitel war sofort in meinem Kopf. Nun musste die Geschichte „nur“ noch geschrieben werden. Immerhin! Die Verbindung war endlich da: Vom Skandal zum Buch.
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Tödliches Geschenk - Leseprobe gefällig?
»Dieses verdammte Telefon!«, rief er plötzlich und hieb mit der Faust auf den Couchtisch, sodass die Tassen auf den Untertassen tanzten. Axel war wütend. Reichte es nicht, dass er in den letzten acht Wochen wegen Bea ständig mit schlechten Nachrichten aus dem Krankenhaus rechnen musste und froh war, wenn das Telefon nicht klingelte? Nun saß er hier wie auf Kohlen und hoffte inständig auf Anna-Lenas Anruf.Hier finden Sie eine weitere LeseprobeWieso kam die Familie nicht zur Ruhe? Es sah doch alles so gut aus. Beas Transplantation stand kurz bevor. Mit Sabines Niere würde sie wieder ganz gesund werden, hatten die Ärzte gesagt, und nun das! Wo war Anna-Lena?
Um viertel nach elf klingelte es an der Haustür. Axel ging, um zu öffnen. Es war Conny. Anstatt ihn wie sonst überschwänglich zu begrüßen und mit einem Redeschwall zu überfallen, stand sie nur so da. Sie sah ihn entsetzt an – einen Zettel in der Hand.
Axel verstand nicht, was das sollte. Er brauchte einen Moment, bevor er fragte: »Ist alles in Ordnung mit dir?« Er trat einen Schritt zur Seite, um Conny hereinzulassen. Sie rührte sich nicht. Es sah so aus, als sei sie an der Türschwelle festgeklebt.
»Komm ins Haus. Du wirst noch ganz nass«, sagte Axel, schob Conny mit einer Hand, die er ihr auf den Arm legte, an sich vorbei und schloss die Tür. Axel sah Conny an. Wortlos hielt sie ihm den Zettel entgegen.
»Was soll ich damit?«, fragte Axel. Conny schwieg noch immer. »Was ist denn bloß mit dir los? Hast du etwa deine Sprache verloren?«
»Lies!«, sagte Conny mit tonloser Stimme. Axel griff nach dem Zettel, der vom Regen feucht geworden war. Er las die Worte, die darauf standen, ohne deren Bedeutung zu erfassen. Sie lauteten:
Diese Transplantation darf nicht stattfinden!
Wenn Sie Ihre Tochter lebend wiedersehen wollen,
lassen Sie die Finger davon!!!